Schwerpunktthema der Darmstädter Geschichtswerkstatt und ihrer Projekte ist die Vermittlung der Geschichte des Nationalsozialismus in Darmstadt. Geschichte ereignet sich nicht fernab „irgendwo“, sie geschieht „vor Ort“, stets gebunden an Entscheidungen und Handlungen von Personen, die aufgrund ihrer Überzeugungen gesellschaftlich-politische Strukturen ermöglichen und bedienen oder in Opposition dazu treten. Ihre Spuren finden sich in unserer unmittelbarer Lebenswelt wieder. Diese bewusst zu machen, Hintergründe und Ereignisse aufzuzeigen und vor allem die Menschen – Opfer, Täter, Mitläufer – in den Blick zu nehmen, ist Anliegen der Darmstädter Geschichtswerkstatt.
Opfer, Täter, Mitläufer
Wir fragen, wie sich die nationalsozialistische Politik auf das Leben der Menschen in Darmstadt auswirkte, wie sie von den damaligen Bürgerinnen und Bürgern mitgetragen wurde, wer und auf welche Weise Opfer wurde und wer (und in welcher Funktion) die Täter waren. In besonderer Weise interessieren uns Personen, die sich dem Regime nicht gebeugt haben, ihren Widerstand mit Verfolgung und Tod bezahlt haben.
Spuren vor Ort
In Darmstadt existieren noch zahlreiche Spuren von Orten der Verfolgung: Folterstätten wie das ehemalige Gefängnis in der Rundeturmstraße (heute Standort des Frauenhofer-Instituts), das ehemalige Gestapo-Gefängnis in der Riedeselstasse (heute Standort eines Studentenwohnheims), die ehemalige Gestapo-Zentrale in der Wilhelm-Glässing-Straße (heute ein neu erbautes Wohnhaus gegenüber der neuen Synagoge). Oder Orte der geistigen Vernichtung wie der Mercksplatz, auf dem im Juni 1933 die Bücherverbrennung stattfand, bei der unter anderem Literatur von Heinrich und Thomas Mann, Erich Kästner, Kurt Tucholsky, Anna Seghers und Lion Feuchtwanger verbrannt wurde.
Wir bieten zu den Themenbereichen nationalsozialistischer Politik der Entrechtung, Verfolgung und Vernichtung folgende Zugänge an:
Stadtrundgang „Widerstand und Verfolgung"
Die Geschichtswerkstatt bietet zweimal im Jahr (oder nach Vereinbarung) einen Stadtrundgang zum Thema „Widerstand und Verfolgung in Darmstadt“ an. Er führt zu den Stätten ehemaliger Verfolgung, erinnert an Ereignisse und Personen des Widerstands und der Verfolgung. An einzelnen Stationen dieses Rundgangs wurden Tafeln angebracht, deren Texte über den jeweiligen Ort und die Ereignisse informieren. Zum Rundgang gibt es ein von der Geschichtswerkstatt verfasstes, vom Kulturamt der Stadt herausgegebenes Begleitheft.
Plagge-Projekt und -Ausstellung
Das Projekt befasst sich mit dem Holocaust in Litauen und der Rettungsarbeit des 1957 verstorbenen Karl Plagge, der posthum als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt wurde. Das Projekt trägt den Namen des aus Darmstadt stammenden Offiziers der Deutschen Wehrmacht, der in den Jahren 1941 bis 1944 in Vilnius (Litauen) eine Kfz-Reparaturwerkstatt befehligte und in seinem Verantwortungsbereich einer hohen Zahl von Juden das Leben rettete . Die Ausstellung „Karl Plagge – ein Gerechter unter den Völkern“ kann ausgeliehen werden
Projekt: Darmstädter Biographien 1933 – 1945
Mit dem 2013 begonnenen Projekt „Darmstädter Biografien 1933 – 1945“ sollen – seit 2015 in Kooperation mit der Bertolt-Brecht-Schule – Biografien von Darmstädterinnen und Darmstädtern recherchiert und öffentlich zugänglich gemacht werden, die vom NS-Regime verfolgt wurden, jedoch wenig bekannt sind.